Internationaler Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust

Am 27. Januar 1945 wurde das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau von der Roten Armee befreit. Im Rahmen der internationalen Initiative #LichtergegenDunkelheit sprach unser Vorstandsmitglied, Georgi Ivanov an der Gedenkveranstaltung in Pankow.

Redebeitrag zum Nachlesen:

Der 27. Januar ist auch für Roma und Sinti ein wichtiges Datum. An diesem Tag wurde das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau von der Roten Armee befreit. Sinti und Roma haben sie dort vermutlich aber kaum noch angetroffen: Bereits im Frühjahr 1944 plante die SS, alle verbliebenen Menschen zu ermorden. Als die Sinti und Roma in diesem Teil des Lagers davon Wind bekamen, verbarrikadierten sie sich in ihren Baracken und bewaffneten sich, so gut sie konnten. Die SS brach daraufhin die Aktion ab und deportierte in den folgenden Wochen alle Sinti und Roma, die noch halbwegs kräftig waren, in andere Lager. Die in Auschwitz verbliebenen über 4.000 Sinti und Roma, größtenteils Alte und Kranke, Frauen und Kinder, wurden in der Nacht zum 2. August 1944 ermordet.

Die Nationalsozialisten haben auch den Roma und Sinti unvorstellbares Leid zugefügt. Bereits vor Beginn der Deportationen wurden sie Opfer von Zwangssterilisationen und medizinischen Experimenten, von Hunger und Krankheit, von völliger Entrechtung, Demütigung, Ausgrenzung und Gewalt. Darauf folgten Verschleppung und Ermordung.

Nach dem Krieg wurde dieses Leid nicht anerkannt. Stattdessen begegneten die Opfer in den Schulen, in den Behörden, überall in der Gesellschaft weiterhin den Tätern. Der Bundesgerichtshof sprach ihnen ab, überhaupt Opfer von rassistischem Völkermord gewesen zu sein. Erst 1982 wurde der Porajmos offiziell anerkannt und es dauerte noch mal 30 weitere Jahre, bis das Mahnmal für die Opfer eingeweiht wurde. Dass es diese politische Anerkennung überhaupt gab, ist den langen und harten Kämpfen der Bürgerrechtsbewegung der Roma und Sinti zu verdanken. Unter anderem mit einem Hungerstreik in der KZ-Gedenkstätte in Dachau zwangen sie die Bundesregierung, den Porajmos endlich als historische Schuld und als Verbrechen anzuerkennen.

Auch heute ist für Sinti und Roma Bürgerrechtsbewegung von großer Bedeutung. Denn 77 Jahren später ist der Antiziganismus noch tief in der Gesellschaft verwurzelt… und das sogar auch in die Mitte der Gesellschaft. Die 7-jährige Erfahrungen der Dokumentationsstelle Antiziganismus (DOSTA) von Amaro Foro gibt einen erschütternden Einblick in die Lebensrealitäten vieler Menschen. Sie müssen in allen Lebensbereichen sowie in Politik und Medien permanent mit Diskriminierung und Ausschlüssen, mit Abwertung und Stigmatisierung rechnen – bis hin zu körperlicher Gewalt. Zahlreiche Vorfälle, bis hin zu Ermordungen europaweit auch im Jahr 2021, sorgen nach wie vor dafür, dass viele Sinti und Roma in Angst leben müssen, denn Denk- und Handlungsweisen von damals erleben und sehen wir also auch heute leider wieder.

Wir erinnern heute an die Kämpfe und an den Mut: Angesichts einer Dominanzgesellschaft, die Roma und Sinti immer wieder und kontinuierlich zu Opfern machte und macht, kann der Mut zur Gegenwehr gar nicht hoch genug geschätzt werden. Roma und Sinti organisierten im Konzentrationslager einen Aufstand gegen die SS. Sie organisierten nach dem Krieg den hartnäckigen Kampf gegen die offizielle Erinnerungspolitik. Neben der niemals endenden Trauer um die Opfer gedenken wir heute auch dieser Helden der Roma-Bewegung.