PAUSCHAL GEGEN SINTI UND ROMA

Die Berliner Polizei steht im Verdacht, in ihrer Ermittlungspraxis Sinti und Roma zu stigmatisieren. Kein Einzelfall, sagen Wissenschaftler*innen.

TAZ, 1.10.2019, von Dinah Riese

Im Berliner Fall hat die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) Beschwerde bei der Berliner Datenschutzbeauftragten eingereicht. „Wenn die Polizei davon sprechen kann, dass die Verdächtigen ‚überwiegend‘ Sinti und Roma sind, dann muss sie das in irgendeiner zählbaren Form erfassen – und das wäre aus unserer Sicht klar rechtswidrig“, sagt Lea Beckmann, Juristin bei der GFF. Ethnische Herkunft und Volkszugehörigkeit seien nach datenschutzrechtlichen Grundsätzen sogenannte „besondere Kategorien“ von personenbezogenen Daten. „Das ist quasi eine rote Flagge, Daten dieser Kategorie dürfen aufgrund der offensichtlichen Missbrauchsgefahr nur unter sehr hohen Voraussetzungen erhoben werden.“ Die Polizei dürfe diese nur erfassen, wenn sie sonst die Polizeiarbeit gar nicht wahrnehmen könne oder sie dadurch Leben retten könne. Da das nicht erfüllt sei, so Beckmann, sei ihr keine Konstellation vorstellbar, in der die ethnische Herkunft der Tatverdächtigen erhoben werden dürfte. […]

Auch Georgi Ivanov vom Jugendverband Amaro Foro beklagt, es sei nach wie vor nicht klar, wie die Polizei die Zuordnung vornehme. „Wir sehen hier die Gefahr willkürlicher und intransparenter Zuschreibungen“, sagt er. „Aufgrund der stigmatisierenden Wirkung ist das aus der Sicht einer Roma-Selbstorganisation als katastrophal zu werten.“