Offener Brief zu der antiziganistischen Äußerung des CDU-Abgeordneten Timur Husein am 11.11.2025 in den sozialen Medien

Berlin, den 14.11.2025

Sehr geehrte Frau Präsidentin des Berliner Abgeordnetenhauses Cornelia Seibeld,

Sehr geehrter Herr CDU-Landesvorsitzender Kai Wegner,

Sehr geehrter Herr CDU-Fraktionsvorsitzender im Abgeordnetenhaus Berlin Dirk Stettner,

Sehr geehrter Herr Vorsitzender der Enquete Kommission Raed Saleh,

Sehr geehrter Herr Vorsitzender des Ausschusses für Verfassungsschutz Kurt Wansner,

 

mit diesem Schreiben möchten wir unsere Empörung zum Instagram Post von Herrn Husein am 11.11.2025 bezüglich Elif Eralps Kandidatur zur Bürgermeister:innenwahl 2026 ausdrücken und Sie um eine Stellung sowie eine Konsequenz bitten.

Als Sprecher für Antisemitismusbekämpfung der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Mitglied der Berliner „Enquete-Kommission für gesellschaftlichen Zusammenhalt, gegen Antisemitismus, Rassismus, Muslimfeindlichkeit und jede Form von Diskriminierung“ sowie Mitglied des Ausschusses für Verfassungsschutz im Abgeordnetenhaus sollte Herrn Husein die Tragweite des Holocausts, die deutsche Erinnerungskultur und Verantwortung bewusst sein. Angehörige der größten Minderheit Europas wurden unter der rassistischen Fremdbezeichnung, die Herr Husein in seinem Post bewusst benutzt, während des Nationalsozialismus systematisch verfolgt, verschleppt und ermordet. Ihnen wurde der Buchstabe „Z“ in den Konzentrationslagern in die Haut tätowiert. Sie können sich vorstellen, dass die Verwendung dieses Begriffs abwertend, stigmatisierend und retraumatisierend ist.

Es ist aus unserer Sicht völlig inakzeptabel, dass ein Sprecher einer Minderheit, die darüber hinaus zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beitragen soll, unsere Minderheit für seinen Wahlkampf instrumentalisiert. Bereits 2012 hat das Bundesverfassungsgericht geurteilt: „Die in Art. 1 Abs. 1 GG garantierte Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren.“ (1 BvL 10/10, Rn.95).[1] Gerade als Mitglied des Ausschusses für Verfassungsschutz im Abgeordnetenhaus sollte Herrn Husein dies bekannt sein.

Wir möchten darauf hinweisen, dass viele Angehörige der Minderheit bzw. viele der Menschen, die Herr Husein meint, deutsche Staatsbürger:innen sind oder aus anderen EU-Staaten ihr Freizügigkeitsrecht in Anspruch nehmen. Als gewählter Abgeordneter im Abgeordnetenhaus trägt er eine besondere Verantwortung nicht nur seinen Wähler:innen gegenüber, sondern für alle Bürger:innen Berlins, insbesondere weil die CDU regierende Partei ist.

Wir fordern die sofortige Löschung des menschenverachtenden Beitrags von allen sozialen Plattformen sowie:

  • Eine öffentliche Entschuldigung von Herrn Husein für die Diffamierung unserer Minderheit
  • Seinen sofortigen Rücktritt aus der „Enquete-Kommission für gesellschaftlichen Zusammenhalt, gegen Antisemitismus, Rassismus, Muslimfeindlichkeit und jede Form von Diskriminierung“ sowie aus dem Ausschuss für Verfassungsschutz
  • Eine innerparteiliche Aufklärung, sowohl auf lokaler als auch auf Landesebene
  • Öffentliche Positionierung der Berliner CDU, der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus sowie der Präsidentin des Abgeordnetenhauses

 

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

Amaro Foro e. V.

[1] https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2012/07/ls20120718_1bvl001010.html