„Die Pandemie ist ein Brandbeschleuniger für Antiziganismus“

27.7.21

Amaro Foro veröffentlicht die Dokumentation antiziganistischer Vorfälle 2019 und 2020

„Menschen mit selbst- oder fremdzugeschriebenem Roma-Hintergrund sind in Deutschland von vielfältigen Ausschlüssen und Stigmatisierungen betroffen, auf struktureller und individueller Ebene. Auf diese ohnehin äußerst prekäre Situation hat die Corona-Pandemie wie ein Brandbeschleuniger gewirkt und zu öffentlichen Diffamierungen ebenso wie existenzbedrohlichen Lebenslagen geführt“, erklärt Georgi Ivanov, Vorstandsmitglied von Amaro Foro.

Die Dokumentationsstelle Antiziganismus (DOSTA) dokumentiert und analysiert antiziganistische Vorfälle in ganz Berlin. In den Jahren 2019 und 2020 waren einige Themen besonders dominant: In deutschen Behörden, besonders in Jobcentern, sind Menschen mit selbst- oder fremdzugeschriebenem Roma-Hintergrund einer systematischen und strukturellen Kriminalisierung ausgesetzt, die häufig zur rechtswidrigen Verweigerung von Leistungen führt. Polizei- und Ordnungsbehörden nehmen Rom*nja und dafür gehaltene Menschen immer wieder im Rahmen von Racial Profiling ins Visier; dabei wurden zahlreiche Rechtsverstöße seitens der Behörden dokumentiert.

„Viele unserer Klient*innen befinden sich ohnehin in äußerst prekären Lebenslagen und waren dadurch auch von den Folgen der Pandemie in gravierendem Maße betroffen. Sie haben überproportional häufig ihre Arbeit verloren, während der Zugang zu sozialen Leistungen gleichzeitig noch stärker erschwert wurde. Menschen in prekären Wohnverhältnissen waren zur Zeit des Homeschoolings auch vom Zugang zu Bildung über Monate de facto ausgeschlossen. Im Fall von Corona-Ausbrüchen in Häusern, die als Roma-Häuser gelabelt wurden, wurden die Bewohner*innen durch Politik und Medien stigmatisiert und ihnen als Leidtragenden wurde selbst die Schuld zugeschoben – ein uralter antiziganistischer Mechanismus. Wir beobachten die Entwicklungen deshalb mit großer Sorge“, kommentiert Mariela Nikolova, Vorstandsmitglied von Amaro Foro.

Amaro Foro e.V. ist ein transkultureller Jugendverband von Rom*nja und Nicht-Rom*nja. Gemeinsam engagieren wir uns gegen Antiziganismus und für Teilhabe und Chancengerechtigkeit. Wir organisieren Bildungs- und Freizeitangebote für Jugendliche, bieten praktische Unterstützung im sozialen Bereich an und sensibilisieren in der Bildungsarbeit und in der politischen Debatte zum Thema Antiziganismus. „Amaro Foro“ ist Romanes und bedeutet „Unsere Stadt“.

Die Dokumentationsstelle Antiziganismus (DOSTA) existiert bei Amaro Foro seit 2014 und ist bundesweit das einzige Projekt dieser Art. Wir dokumentieren antiziganistische Vorfälle in Berlin in allen Lebensbereichen und veröffentlichen unsere Auswertungen. Mit gezielter Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit machen wir auf Antiziganismus aufmerksam und sensibilisieren politische und soziale Akteure ebenso wie die Medien.

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